Rezension: Wiki auf großer Fahrt

Wie versprochen rezensiere ich hier weiter alle Kinderfilme, die mir so vor die Linsen geraten. Nach den Feiertagen gibt es da ein paar, natürlich: Cars 2, Gnomeo & Juliet (ausgesprochen kein Kinderfilm eigenlich) und, am aktuellsten und relevantesten: Wiki auf großer Fahrt.

Den ersten Teil (Wickie und die starken Männer) hatte ich damals verpasst, er war aber offenbar zu großen Teilen ein Produkt von Bully Herbig. Auch in diesem Film meint man, die Feder des bayerischen Mäzenen zu erkennen - doch weit gefehlt. Obwohl viele Dialoge klingen wie direkt aus der Bullyparade oder dem Schuh des Manitu, hat Bully hier außer einem Dank in den Credits nichts beigetragen.

Die Handlung ist kinderfilmtauglich: die Wikinger aus Flake (also Wikis Dorf) müssen ein altes Rätsel erkunden, einen göttlichen Schatz bergen, und sich dabei mit Sven dem Schrecklichen herumschlagen. Ein wesentlicher Teil der Handlung besteht darin, dass Wiki an Stelle seines Vaters das Kommando auf dem Schiff hat und die Infiltration von Sven's Burg leitet, wo Wikis Vater Halvar gefangen gehalten wird. Ein Klotz am Bein ist ihm dabei eine glutäugige Sklavin, die sich schon in den ersten Szenen als intrigante Diebin entpuppt. Wiki als Hauptfigur hat am meisten Arbeit: nicht nur muss er die Fußstapfen seines Vaters füllen (was erstmal schief geht, wie im Trailer zu bewundern), dann besagte Sklavin enttarnen und zum Freund gewinnen und schließlich noch nebenbei die Welt retten. Jonas Hämmerle, der Darsteller Wikis, schafft es einem dabei nicht auf die Nerven zu gehen. Fast ein Novum im deutschen Kino, das eher ein schlechtes Händchen mit kindlichen Hauptdarstellern hat.


Überhaupt: die Darsteller. Hut ab vor der Leistung, einerseits die den Eltern aus Jungendtagen vertrauten Figuren der Wikinger zu verkörpern, anderersites eine komödiantische Darstellung zu liefern, die dem Zielpublikum (U7, würde ich sagen) gefällt und nicht zu dumm für die Ü30-Generation gerät. Wobei die weiblichen Rollen leider viel zu kurz kommen. Die Frauen von Flake halten gerade einmal als Material für ein paar sexistische Witze (auf Kosten der Männer, wohlgemerkt) her. Ganz arg aber hat es die Walküren erwischt, auf deren Insel es die Wikinger in einer völlig überflüssigen Szene verschlägt. In Leder-Bikinis bekleidet und flach wie ihre jungfräulichen Bäuche müssen sie sich vorkommen wie ein Stück Sex-Appel für Papa. Beizutragen haben sie jedenfalls nichts, und nach fünf Minuten ist der feuchte Traum dann auch schon vorbei.

Ein weiterer Nörgelpunkt: das Wiki-Lied, ursprünglich von Christian Bruhn (der eine Zeit lang alle deutsche TV-Unterhaltung mit Musik versah. Bei Captain Future hat er sogar seine Frau singen lassen). Nenas Neufassung ist vor allem eins: neu. Sonst nichts. Und keine Kopie kann an ein Original heranreichen, wenn sie nichts neues hinzufügt. Das wollte - oder durfte - Nena nicht, und so ist das Outro tatsächlich nichts als ein Rausschmeißer: verehrtes Publikum, schleich dich oder Du musst dir das noch länger anhören.

Fazit: mir hat es um die Zeit im Kino nicht leid getan. Der Film war unterhaltsam, für meinen vierjährigen Sohn fast schon etwas zu spannend (aber die Prügeleien haben es ihm sicher angetan). Nix für Mädchen, was auch am Fehlen weiblicher Rollenbilder fehlt, aber wenn eine TV-Serie schon "Wiki und die starken Männer" heißt, dann muss man auch nicht erwarten für die Trägerinnen doppelter X-Chromosomen etwas geeignetes zu bekommen. Minuspunkte gibt es für Musik und Walküren, Pluspunkte für die Darsteller, Ausstattung und Bühnenbild. Unterm Strich also ein sehenswerter Film.

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