Babys Löffel teilen? Offenbar OK.

Dreck ist gesund. Das hat sich rumgesprochen. Es kommt aber auf die Art von Dreck an. In Mamas und Papas Mund, so hieß es bisher, ist die Art von Dreck der nicht gesund ich. Also: nicht Babys Löffel abschlecken, so lecker das Breigläschen auch riecht. Und nicht den Schnuller sauber lecken. Das Kind kriegt sonst meine Bakterien ab, inklusive Karies.
Dafür habe ich mir auch mal einen Rüffel eingefangen. Es scheint mir komisch, dass ich mit dem Baby biochemisch auf Tuchfühlung bin (wir schmusen und schlafen, ganz zu schweigen von der Körperpflege, die ich an meiner Tocher leiste - und da gehts ja nun wirklich nicht mehr näher), aber kulinarisch so einen Abstand halten muss. Wie soll ich wissen, ob es schmecht? Ob das Essen zu heiß ist? Was denkt sich mein Baby, wenn ich mich weigere mich von ihm füttern zu lassen? Alles sehr komisch. Und alles sehr unnötig, wie es jetzt scheint. Mein Speichel ist nicht so schlimm - im Gegenteil. Es ist gesund.
Zumindest sind das die vorläufigen Ergebnisse einer Studie, welche (unter anderem) die Häufigkeit von Allergien bei Kindern von löffelteilenden Eltern vergleicht, mit denen von Kindern, deren Eltern stark darauf achten, Schnuller oder Löffel nicht abzulecken. Die Ergebnisse sprechen für sich: diejnigen Kinder, die mit dem Speichel ihrer Eltern mehr in Kontakt kamen, haben deutlich weniger Allergien. Es scheint, dass der Speichel dem Immunsystem des Kindes hilft. In vergangenen Studien hatte sich ein ähnlicher Effekt auch für natürliche Geburt im Gegensatz zum Kaiserschnitt gezeigt. Auch hier wird vermutet, dass der Kontakt mit den Bakterien der Mutter der Überreaktion des Immunsystems vorbeugt, welche der Allergie zugrunde liegt.

Und wie steht es um die Sache mit dem Karies? Die verursachenden Bakterien sind tatsächlich sehr infektiös und besiedeln die Mundflora schon sehr früh. Auch hier geben Mediziner wie Dr. Joel Berg, President der American Academy of Pediatric Dentistry Entwarnung. "Speichel ist dein Freund", predigt er, und hält das Verbot des Löffelteilens für albern: "Diese Fixierung darauf, das Kind nicht mit dem eigenen Löffel oder der eigenen Gabel zu füttern ist absurd. Wenn die Mutter dem Kind nahe ist, kann man die Übertragung nicht verhindern. Es gibt keinen Hinweis darauf, das es sich vermeiden lässt. Man kann nicht immer Handschuhe und eine Maske tragen wenn man Kontakt mit dem Kind hat."

Klingt naheliegend. Umso mehr als meine Kleine mit 11 Monaten ständig und mit Nachdruck mein Essen von mir fordert - und spätestens ab dem Zeitpunkt wird es fast unmöglich, auch nur halbwegs hygienisch zu trennen. Dafür darf ich ab heute bei ihr naschen, hab ich gerade beschlossen. Abendbrei kann ganz lecker sein (vor allem wenn man hungrig aus dem Büro kommt und die erste Aufgabe gleich mal Kinder füttern ist). Hipp und Bebivita bekommen einen neuen Gourmet-Kritiker...


Bilder von sean dreilinger und  Tha Goodiez

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