Wahlfreiheit für Eltern: Teil 2 - Ein Kind ist nicht genug.

Achtzehn Jahre meines Lebens nur damit sie einen Spielkamerad haben?
Dürfen Eltern egoistisch sein? Dürfen wir uns aus Bequemlichkeit oder anderen Gründen entscheiden, unser Erstgeborenes ein Einzelkind zu machen? Haben wir ein Recht auf ruhige Kinoabende? Die allgemeine moralische Sichtweise scheint zu sein: Nein. Eltern haben die Pflicht zur Selbstaufgabe.



(dieser Artikel ist die Fortsetzung von Wahlfreiheit für Eltern: Teil 1 - Rechte für Männer)

Warum eigentlich? Woher kommt der Gedanke, dass man seinem Kind ein Geschwisterchen schuldet? Die Lehrmeinung ist seit einiger Zeit nicht mehr eindeutig bei der Frage, ob Einzelkinder benachteiligt sind. Egoistischer, weniger selbstkontrolliert, weniger eigenständig, weniger sozialkompetent? Das lässt sich alles nicht nachweisen. Es ist aber unbestritten, dass Einzelkinder besser gefördert werden, von den finanziellen Ressourcen ihrer Eltern mehr erhalten. Haben sie es also nicht vielleicht sogar besser?
(Ich will jetzt nicht Argumente hören wie "ich bin mit drölf Geschistern aufgewachsen, und es war toll" - freut mich für euch. Aber ist das ein Argument dafür, dass es euch als Einzelkinder schlechter gegangen wäre? Ihr könnt es kaum wissen, oder?)

Lauren Sandler schreibt in "Why One Child Is Enough for Me—and Might Be for You" recht offen über ihre egostischen Argumente, warum sie "nur" ein Einzelkind hat. Man muss nicht viel Fantasie haben, sie nachzuvollziehen: auch Mama will ein Leben außerhalb der Mutterschaft. Mehrere Kinder lassen kaum Zeit für Partnerschaft, Unterhaltung, Sport, Sozialleben (mal ehrlich: so sehr ich Spielplatzbekanntschaften mag: immer nur mit Mamas ratschen ist schon fad. Ich mag meine nerdigen Kumpels viel zu gerne, ich liebe das Kino, ich möchte Livemusik hören, Museen besuchen. Nicht so einfach mit einer Kleinfamilie.) Studien zeigen, dass Eltern mit zunehmender Kinderzahl weniger glücklich sind. Kein Zufall, meine ich.

Man nimmt beide Punkte zusammen - der fehlende Vorteil von Geschwistern und der Wunsch, auch noch was vom Leben zu haben - und schon steht der Allgemeinplatz ein Kind sei nicht genug etwas wacklig da. Wer es besonders global mag, der kann sogar noch ein gutes Argument für Einkindfamilien anführen: das Problem der Überbevölkerung (auch wenn hierzulande der Trend in die andere Richtung geht).

Besser fürs Kind, besser für die Umwelt, besser für mich - also lieber doch keine Geschwister?

Viel fällt mir dazu nicht ein, nur das: abgesehen vom unbestrittenen Recht jedes Einzelnen zur Familienplanung (äh, siehe Teil 1...) und damit der Zahl der Kinder, die er sich wünscht, gibt es doch einen sozialen Druck, den Erstgeborenen einen Spielkameraden zu geben. Soziale Normen wie diese sind hartnäckig, unterschwellig, und oft wie Zombies: schon lange tot, schon lange ohne Daseinsberechtigung, aber nichts desto trotz schlurfen sie noch durch unsere Köpfe und machen uns das Leben schwer. Ich plädiere dann für die Pumpgun-Lösung: weg damit. Die Mamas und Papas von Einzelkindern sind nicht egoistischer als andere Menschen. Jeder von uns muss dafür sorgen, dass er selber gut lebt. Ohne zwingenden Grund muss man da nicht reinpfuschen. Gerade beim Thema Familie sollte die Latte eher höher liegen als tiefer, und deswegen: Einzel-Eltern sind OK (aber meine Zweite ist trotzdem toll. Seid ihr nicht doch ein bisschen neidisch?)

Bild: von tom@hk | 湯米tomhk

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