Einsam allein daheim - Ferienblues

Allein in den Ferien
Ich bin allein daheim. Wie Kevin, nur dass ich nicht meine Eltern vermisse, sondern meine Kinder. Die sind mit Mama im Urlaub, und ich entdecke: den ganzen Spaß, den ich früher hatte, habe ich nicht mehr. Es fehlt mir was. Wenn ich nachts vor dem Fernseher sitze und nicht die Ohren spitze, ob das Baby sich regt. Wenn ich nicht nach Hause komme und erstmal umgerannt werde. Wenn ich morgens nicht zu Kindergarten und Krippe fahren muss. Der nächtliche Kampf um meine Bettdecke fehlt, das tägliche frühe Aufstehen... na, jetzt mal nicht übertreiben. Das Ausschlafen ist gut. Aber was die Nachbarsmama Elli gestern sagte, gilt für mich auch: "Ich weiß gar nicht, wohin mit mir".
Schön blöd, oder? Da hat man einmal im Jahr Zeit, alle die Dinge zu tun die man als Junggeselle geliebt hat, und dann ist man nicht froh. Bergsteigen, Ausgehen, Feiern, Freunde besuchen, Schreiben (und, weniger spaßig: Rasen ansäen, weil jetzt keiner drauf rumturnt, Reparaturen an Haus, Auto und Möbeln) - alles bei schönstem Wetter.

Urlaubsteilung - es geht leider nicht ohne.

Ein angenehmes Nebenprodukt der Tatsache, dass der schulpflichtige Knabe zwölf Wochen Ferien hat, Mama und ich aber nur je sechs Wochen Urlaub. Wie Millionen von Eltern auch. Wir können kaum anders, als uns abzuwechseln bei der Urlaubsbetreuung. Wenn andere Familien fragen, ob wir uns mit ihnen ein Ferienhaus teilen, dann gewinnt der Elternteil, der Urlaub kriegt. Also Mama. Ich darf das Büro hüten und die Katze füttern.

Ohne Belastung ist Papa unausgelastet

Die Möglichkeit, meine alten Hobbies wieder zu pflegen, ist natürlich willkommen. Ich würde lügen, wenn ich das bestreiten wollte. Aber auf einmal merke ich: das ist nicht genug. Mir fehlt die Aufgabe, der ich mich sechs Jahre lang mit Leib und Seele widme. Alles, worüber man sonst jammert - die durchwachten Nächte, der Zwang, daheim zu sein, die zusätzliche Arbeit beim Kochen, Waschen, Putzen - all das ist offenbar ein Teil von mir geworden. Wie wenn ein Baum um den Nagel herum wächst, den jemand in den Stamm geschlagen hat. Wie eine Münze, die von tausend Füßen tief in den Teer der Straße gedrückt wurde.

Es geht schnell vorbei - aber irgendwann ist es für immer

An meinem Strohwitwertum leide ich natürlich nicht allzu sehr. Das wäre ja auch albern. Aber es ist unerwartet, und es bringt mich zum Nachdenken: was passiert, wenn meine Kids mal erwachsen sind und ausziehen? Dann kommt der Tag des "Empty Nest Syndrome". Immerhin ist das wohl nicht so schlimm wie man denken mag. Die meisten Eltern sind nach einer kurzen Übergangsphase ganz happy. Die Angst vor der Veränderung ist schlimmer als das Ereignis selber.

Also werde ich in zwanzig Jahren mit Elli vor dem Haus sitzen und wir blasen nicht Trübsal, sondern planen unsere nächste Bergtour. Bis dahin gehen noch viele verklebte T-Shirts den Dreckwäscheschacht hinunter. Und heute montiere ich erstmal eine neue Deckenlampe. Meine Kleinen sollen schließlich ein schönes, helles Nest zum Heimkommen haben. Piep, Piep.

Foto von FotoRita [Allstar maniac]

Kommentare

  1. ich kann es nachvollziehen. Als 4/5 Vollzeitpapa in den ersten 3 Jahren unserer Zwillinge - ist eine ganz andere Bindung entstanden.
    Wenn wir uns jetzt als Eltern eine kurze gemeinsame Auszeit mal gönnen können oder jeder für ein verlängertes Wochenende mal wegfährt, kommt die Leere, die Schwere - anstatt Beschwingtheit. Diese stellt sich auch nach einiger Zeit dann ein... es dauert. aber wie du sagst, die Zeit rennt und bald ziehen sie aus. Loslassen gehört zum Elternsein. Das muss ich lernen.

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