Wie deutsch kann man sein? Urlaub mit dem Auto in Italien

Es ist WM-Zeit, und wir fühlten, dass wir unser Deutschtum symbolisch bekräftigen müssen. Also haben wir die Kinder ins Auto gepackt und sind mit dem Auto über den Brenner gefahren, um Badeurlaub zu machen. In einem Club-artigen Campingplatz mit Kinderdisko und Public Viewing. Jetzt kann ich tanzen, kenne holländische Fußballlieder und weiß, wie auf Italiens Autobahnen gefahren wird. Zehn andere Beobachtungen aus der deutschen Urlaubskolonie:
Foto von Elizabeth/Table4Five



1) Vier Uhr morgens ist gar nicht mehr so schlimm.

Ich hätte nie gedacht, dass ich mal zu denLeuten gehöre, die zu Nachtschlafender Zeit auf die Piste kommen. Aber seitdem wir Kinder haben, ist das ganz einfach. Banal. Wir schleppen die pennenden Püppchen auf die Rückbank und sind fünf Stunde später ohne Stau am Gardsee. In Torbole gibt es einen tollen Spielplatz mit Café nebenan. Wir erreichen ihn noch vor den Einheimischen.

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2) Überlasst das Packen denen, die Tetris können.

Sonst kommt es wie dieses Mal, und Papa darf unter den Spottrufen der Nachtigall (oder waren es die Lerchen?) den Kofferraum auf den Kopf stellen, damit der Kinderwagen reinpasst.

3) Italienische Brezen sind gewöhnungsbedürftig. Italienische Crossants gehen gar nicht.

Kleine Kinder haben sehr wenig Toleranz, was ihre gewohnten Frühstücksspeisen angeht. Das Personal in unserem LIeblingscafe ist offenbar daran gewöhnt. Lautes Plärren am Ufer des Gardasees hallt an den Felswänden sehr interessant zurück. Es geht vorbei.

4) Italiener sind cool mit Kindern.

Selbst wenn unsere Tochter ihr Töpfchen aus dem Bungalow schleppt, auf den Gehweg stellt und demonmstrativ Platz nimmt, erntet sie nur einen Kommentar von den Passanten. "Fantastico". Können wir hier wohnen bleiben?

5) Urlaubs gehören die Papas den Kindern.

Und umgekehrt. Das Geschlechterverhältnis auf den Spielplätzen sank selten unter 75 % männlicher Erwachsener. Aber:

6) Eskalationsemails und Einwegwindeln vertragen sich nicht

An die Papas, die mit Smartohone neben der Schaukel stehen: werdet erwachsen und lasst die Arbeit im Büro. Kommt ihr euch nicht blöd vor, wenn ihr mit links ein Kind anschiebt, und mit rechts den Kollegen erklärt, wie das Projekt weitergeht? Oder ist das im Grunde das Gleiche? Dann braucht ihr ein besseres Team.

7) Kinderdisko und Clubanimation sind ein niederländisches Geschäft

Das ganze Beschäftigungs-Business vom Mini-Club über die Fußballturniere bis hin zum allabendlichen Clubtanz ist fest in der Hand der Holländer. Das Publikum ist überwiegend Deutsch. Das macht nix. "Wir" finden "die" sowieso witzig. Das passt sehr gut zum albernen Programm. Übrigens kann ich jetzt alle angesagten Tänze auswenig, unsere Nachbarn auch. Mein Lieblingshit?  Socu, socu, bachi, bachi.

Ich schaffe 200 Anschläge pro Minute. Ihr?

8) An die Eltern von den fetten Kindern im Pool:

Danke im Namen von allen anderen Eltern. Trotz zwei oder drei Eis pro Tag, die unsere Schleckermäuler uns abgepresst haben, fühlen wir uns jetzt ganz OK. Vergleichsweise.

8b) Nur weil ein Kind eine Wasserratte ist, muss das nicht für das zweite gelten.

Im Gegenteil. Gerade einmal bis zu den Knien hat es die Junge Dame ins Wasser geschafft, die ganze Woche lang. Tipps, irgendwer?

9) Italienische Pizza ist auch nicht mehr was sie mal war

Jedenfalls nicht, wenn sie ausschließlich für die deutschen Besucher gebacken wird.

10) Italienische Autobahnen sind Tempo 130 plus X

Der Faktor X zählt natürlich nur für Einheimische (wir haben zu viel Schiss vor Strafzetteln) und wird mit der Lichthupe durchgesetzt. Tipp an den Motorradfahrer: wenn ich schon rechts blinke, musst du nicht auch noch da überholen. Dieses Mal haben wir noch Glück gehabt.

Und dann waren die Urlaubstage auch schon vorbei, um 2 Uhr Nachts an einem Freitagabend. Wir haben die Kinder wieder zurück in ihre Betten getragen, und da sind sie um beeindruckende zehn Uhr morgens aufgewacht als wäre nichts gewesen.


Kommentare

  1. Da habe ich direkt Lust auf einen Chaos-Urlaub bekommen.
    Trauen uns aber noch nicht so recht.
    Schön, wenn andere auf diese Art ihren Urlaub mit uns teilen.

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  2. Es ist absolut richtig, dass Kinder genießen ihren Urlaub in Italien.

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