Rezension: Inside Out / Alles steht Kopf

Disgust
Find ich blöd! (Foto: Hina Ichigo / flickr)
Meine Tochter hat eine gespaltene Persönlichkeit. Eine Sekunde Wutanfall, dann -Zack- lachen und singen. Langsam entdecke ich Anzeichen, was als nächstes kommt. Oder wann man einfach nichts tun kann. Es ist wirklich als hätte sie in ihrem Kopf ein Steuerrad, und verschiedene kleine Mädchen sitzen da abwechselnd dran und lenken sie. Genau wie "Inside Out" eben. Woraus sich ein paar Fragen ergeben, die mich seitdem beschäftigen.

Der Pixar-Film ist wie gewohnt brillant. Das Studio hat sich bisher keine Ausreißer geliefert, und auch mit dieser Geschichte der 11-jährigen Riley, ihrer Eltern und den fünf kleinen Mädchen in ihrem Kopf (Wut, Furcht, Ekel, Trauer und Freude) haben sie alles richtig gemacht. Es ist eine nette Fantasy-Story mit ein paar sehr erwachsenen Fragen: welche Rolle spielen die negativen Emotionen? Was macht eine Erinnerung aus, und wie formen sie uns?
Ein paar Antworten gibt der Film selber, ganz intelligent und nicht zu sehr mit dem Holzhammer. In Riley's Kopf ist Freude der Chef, aber als sie umzieht, vieles aus ihrem Leben aufgeben muss und ihre Eltern eigene Sorgen haben, bekommt Trauer eine verwirrende, aber wichtige neue Rolle. Es dauert eine Weile und braucht ein ziemlich spannendes Erlebnis (komplett mit Weglaufen, Diebstahl und Depri-Phasen bei Riley) bis die neue Ordnung sich etabliert hat.
Wie so oft sind es die kleinen Dinge in Pixar-Filmen, über die ich mich kringelnd vom Kinositz geschmissen habe (meine Kinder müssen mich für verrückt halten). So sieht man zum Beispiel auch in die Köpfe von Riley's Eltern. Beim Vater ist Wut der Chef, bei der Mutter Ekel - allerdings mehr als Primus inter Pares als beim jungen Mädchen. Man fragt sich: wer bestimmt im eigenen Kopf die Marschrichtung? Was passiert in der Pubertät? Kommt da eine sechste Emotion dazu, stellt ihren Stuhl an den Tisch und meint "Servus, Leute. Ich bin die Lust. Macht mal Platz da."?
Auch wenn Inside Out schon ein paar Wochen läuft, empfehle ich ihn wärmstens. Es lohnt sich, nicht einzuschlafen (ich erinnere mich noch an Laura's Stern. An die ersten zehn Minuten.) Von der ersten bis zur letzten Minute (als Katzenliebhaber fand ich den allerletzten Gag, schon nach Abschluss des Abspanns, den besten des Films). Uns so ein kleines Bisschen bilde ich mir ein, die Launen meiner Prinzessin ein bisschen mehr zu schätzen. Sie ist nicht absichtlich ein Biest. Es ist einfach ein kleines, rotes Mädchen mit Flammenhaaren, dass gerade am Steuer ihrer Gefühlswelt sitzt. Ich liebe sie deswegen nicht weniger.


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