Wovor hat ein Kind Angst?

A Little Rancor
Wer hat das Monster losgelassen? Foto Flickr / J D Hancock
Ich bin sicher jeder Papa, jede Mama eines Schulkindes fragt sich, ob sie ihn oder sie erlauben soll, einen gewissen Film anzusehen, der heute Nacht anläuft. Jede Grundschule ist voll von Sammelkarten-tauschenden Jungs, sogar Kindergartenkinder summen den "Marsch des Imperators" vor sich hin. Der Film ist laut FSK ab 12 frei, mit ein paar happigeren Details. Die Frage ob ich das meinem Kind zumuten kann ist eng geknüpft an eine andere: was macht Kindern eigentlich Angst?
Das ist nur auf den ersten Blick trivial. Abgesehen von den existentiellen Grundängsten, vor Dingen vor denen unsere Kinder weitgehend beschützt sind, finde ich es schwer vorhersehbar was meinen Sohn ängstigt. Die reale, aber ferne Erdbebenkatastrophe von Fukushima hat ihn sehr beschäftigt. Die Einschulung auch. Aber bei physischen Wagnissen war er meist unbeeindruckt (zum Dorffest die Feuerwehrleiter bis zur Spitze? Kein Thema), und bei fiktiven Inhalten wie den Harry Potter Filmen, Star Wars, LotR oder dem Hobbit gab es nie ein Problem. Es hilft, dass ich früh mit ihm darüber geredet habe, was Filme eigentlich sind, wie sie gemacht werden, und bei der Diskussion auch auf dieser Ebene bleibe. Er kann, hoffe ich, Filme richtig einordnen, hat die nötige Erfahrung. Deswegen keine Angst.

Ganz anders aber, als ich aus Italien ein Bilderbuch über Pompeij mitbrachte, eine Schilderung der Katastrophe und der einsamen Flucht zweier Kinder. Als Werk ist es sehr harmlos, es wird keine Gewalt gezeigt, keine verletzen oder toten Menschen. Wir saßen gemütlich auf dem Sofa, als ich es vorgelesen habe. Aber es hat ihm durchaus Angst gemacht. Nicht wenig, auch wenn er es von sich aus nie zugegeben hätte. Vielleicht war ihm das Medium nicht so vertraut, oder der reale Bezug - ich hatte Fotos von meinem Besuch in den Ruinen auf dem Handy - machte den Gedanken um so relevanter.

Menschen sind nicht gerade gut darin, Risiken zu bewerten. Die Impfdebatte ist ein gutes Beispiel. Wenn ich die oben genannten Beispiele zusammen fasse, komme ich immerhin zum Schluss, dass es Techniken gibt, Kindern die Angst vor Dingen zu nehmen: indem man sie mit dem Medium, der Bedeutung, der Relevanz vertraut macht bevor man an die Sache geht. Erklärt, das es nicht das Ende der Welt ist, oder vielleicht nur Illusion. Besprechen wie es hinterher weiter geht. Vielleicht sogar über die nicht zentralen Bestandteile reden ("Ich finde der Zahnarzt könnte sein Wartezimmer echt in beruhigenden Farben streichen. Sonst haben die Leute Angst. Was meinst Du, wäre rosa besser? Hellblau?")

Aber unseren Kinobesuch werden wir sicher genießen. Mal schauen, wie viele Kiddies neben uns in der Stuhlreihe sitzen.


Kommentare

  1. Es ist absolut individuell, wovor Kinder Angst haben, insbesondere bei Kino/TV, aber auch Theater. Ich veranstalte Kindertheater und hatte schon 6jährige, die weinend rausgehen, während sich die 3jährigen fragen was eigentlich los ist.
    Meine 10jährige Tochter hat immer noch Angst vor eine bestimmten Szene in einem Film, den sie bei ihrem Papa gesehen hat, es ging um eine "Nebensächlichkeit", nämlich den Eintritt des Kindes in die Fantasiewelt (ich weiß bis heute nicht, welcher Film das war). Diese eine Szene hat ihr Angst gemacht und sie träumt heute noch davon.
    Der Sohn, 9, kann bei technischem Fantasiekram ganz gut abstrahieren (star wars etc), macht sich aber große bis beängstigende Sorgen, was mit den Eltern von Heidi passiert ist und warum die tot sind.
    Die Eltern kennen ihre Kinder ja meist am besten und sollten gut beobachten, welche Nachwirkungen bestimmte Filme, Bücher und auch Theaterstücke haben. Ich deklariere mein Kindertheater immer 1-2 Jahre älter, weil ich Diskussion mit Eltern von 2jährigen satt bin, die sagen "aber er ist schon ganz weit!". Und dann sitzen Kinder mit Schnuller im Theater ab 5 Jahren...
    Man sollte nie vergessen: bis ins "hohe" Alter von 4-5 Jahren können Kinder zwischen Realität und Fiktion nicht unterscheiden. Die glauben, dass es das alles wirklich gibt, egal ob sie davor Angst haben oder nicht.

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